Zwei unwahrscheinliche Verwandte

Bei meinem Termin in Österreich, um dort den nagelneuen Porsche 918 Spyder zu fotografieren, spielt diese Hybridflunder der Superlative nur die zweite Geige. Ein über 100 Jahre altes Mobil, das anmutet wie aus einem Donald-Duck-Comic, stiehlt dem 900PS starken Supersportwagen schier die Show. Der Lohner-Porsche Mixte von 1901 dröhnt, brummt und rumpelt über die Salzburger Landstrassen, welche wir für die Fahraufnahmen eigens ausgesucht haben. Der Fotograf riskiert Kopf und Kragen bei solchen Terminen, hängt aus offenen Türen oder Kofferräumen fast auf Strassenhöhe mit seiner Kamera, fokussiert auf die Bremssättel in den drehenden Felgen, sorgt für verwischte Hintergründe…

So auch diesmal. Beim Foto aus dem 918 heraus über den Heckflügel verglüht der Redakteur fast meine Canon mitsamt meinen Händen, als er ohne Vorwarnung vom Elektro- auf den Benzinantrieb umschaltet. Der Motor heult auf, das Auto macht einen Satz nach vorne, aber vor allem faucht schlagartig ein Strom heisser Abgase aus den hinter dem Cockpit austretenden Auspuffrohren, genau dort wo ich gerade meine Kamera halte.

Fast noch erschreckender ist jedoch die Mitfahrt im 114 Jahre alten Lohner-Porsche. Der Eigentümer und Fahrer ist der älteste Enkel von Ferdinand Porsche, Ernst Piëch und er steuert souverän und unerschrocken das riesige Gefährt. Doch die Strassen sind schmal, und beide Autos nicht gerade Kleinwagen. Die Vollgummireifen des Oldtimers fahren auf der weissen Linie, und während das eine Auge in der Kamera die Front des blauen Monsters und den vor uns fahrenden 918 in eine sinnvolle Komposition zu bewegen bestrebt ist, spähe ich mit dem anderen immer seitwärts, ständig in Sorge, der alte Herr könnte uns in den Strassengraben bugsieren.

Und dann die Unterschiede in Leistung… Die silberne Flunder beschleunigt in nur 2,6 Sekunden auf hundert – mit seinem 25PS-Motor, den der Lohner dann in Strom umwandelt, mit welchem die Radnaben angetrieben werden, ist die Beschleunigung etwas weniger rasant. Deshalb versucht der Fahrer des 918, durch Bremsen zu verhindern, dass er uns abhängt. Daraufhin nähern wir uns mit dem traktorähnlichen Gerät gefährlich dem seltenen Sportwagen – es gibt nur 918 Stück davon, und bei einem Stückpreis von über einer Dreiviertel Million sollten wir das Teil besser nicht beschädigen. Und dieser Gedankengang ist absurd, wenn man bedenkt, dass das andere Fahrzeug ein Einzelstück ist, und somit quasi unbezahlbar!

Natürlich geht alles gut, beide Fahrer sind Profis oder zumindest unerschrockene Haudegen. Der Fotograf ist um gut 2000 Fotos reicher und um zwei Liter Angstschweiss ärmer, als wir nach einer Stunde  abdrehen. Der Oldtimer darf zurück in’s Museum am Mattsee. Der 918 wird vom eigens mit angereisten Porsche-Mechaniker in den Anhänger verladen. So endet ein tolles Familientreffen.