Die Stewardess von All Nippon Airways flippt regelrecht aus. Ich dachte eigentlich, sie würde gelangweilt abwinken, als ich ihr anbot, aus dem Fenster der 777 zu schauen, in Richtung Süden, wo ich seit Minuten gebannt auf den Kegel starre, der sich am Horizont abzeichnet. Immerhin fliegt sie beruflich und kommt obendrein aus diesem Land. Aber nein, sie ist ganz aus dem Häuschen und ruft sogar die Kolleginnen. Das ist er – Mount Fuji begrüßt mich doch tatsächlich schon aus fast 700km Entfernung und aus 10 Kilometer Höhe! So klar habe ich den Vulkan nur selten aus der Ferne gesehen, und beide Male im Herbst oder Winter. Ich nehme das als gutes Zeichen fü meine Unternehmung – immerhin ist ein klarer Blick auf das Ziel hilfreich beim Erreichen desselben. Und das nicht nur metaphorisch.
Schon nach 12 Stunden in der Stadt bin ich eigentlich wieder reif, sie zu verlassen. Zu heiss, zu viele Leute. Zu wenig grün. Ich bin eigentlich gerne in Tokio, aber mit dem Vulkan im Kopf fühle ich mich ein bisschen am falschen Ort. Ich sehe stündlich auf einigen Webcams nach dem Wetter. Fuji ist oft in Wolken und Regen, mein anvisiertes Wochenende sieht auf den Wetterkarten jedoch gut aus. Geduld also, alles läuft nach Plan und nach fünf Jahren Warten ist es natürlich angemessen und eine Kleinigkeit, sich vor Ort noch drei Tage zu akklimatisieren…
Mittlerweile heisst es auch für mich – Akkus ein letztes Mal aufladen, denn in eineinhalb Tagen wird auch meine Lampe aus der Ferne sichtbar sein. Jedoch starte ich nicht nachts sondern morgens, meine erste Nacht am Fuji müsste ich meinem Plan nach am Gipfel beginnen, und auf der Rückseite absteigen. Werde ich meine zugegebenermaßen nur sehr grobe Zeitrechnung einhalten? Kann ich durch taktieren den größten Staus am Berg entgehen? Werde ich selber einen Sonnenauf- und einen Sonnenuntergang oben erleben?
Spannende Tage liegen jedenfalls vor mir. Der Blick ist klar, das Ziel in Sicht. In 24 Stunden stehe ich zum ersten Mal seit fünf Jahren vor meinem Startpunkt, dem Kanadorii in Fujiyoshida.