Ein Leben in der Comicwelt

Das kann doch alles nicht wahr sein! Ein feuerspeiender Drache kommt durch die Rauchwolke gerast. Vor meinen ungläubigen Augen feuert die Amazone im Vorbeifahren aus einem mehrläufigen Maschinengewehr auf das Biest. Ihr Fahrzeug ist eine Mischung aus Panzer, Hundeschlitten und Piratenschiff. Der Drache bäumt sich fauchend auf, das Brüllen der Bestie ist jedoch kaum zu hören – so laut ist das Getrommel und Geschrei der jungen Mädchen die wenige Meter hinter der jugendlichen Drachentöterin auf einem zweiten Gefährt ankommen. Sie dreschen auf mülleimergrosse Trommeln ein und singen und schreien nach Leibeskräften.

Mein Freund Kyoshi dreht sich zu mir um, und fragt: „Nicht wahr, du findest das vollkommen verrückt und denkst, kein Wunder – als Europäer denkst du das in Japan ja ständig?“ „Ja genau“, stimme ich zu. „Nun – ich bin Japaner“, sagt er, “ und ich kann nicht glauben was ich sehe!“

Sehr beruhigend, denke ich,  es liegt also nicht an mir…

Die Werbevideos des „Robot Restaurant“ in Tokio waren schon außergewöhnlich schräg, doch nichts kann den Besucher wirklich vorbereiten auf dieses Spektakel aus Lärm, Licht und schierem Wahnsinn.

Es ist ein ohrenbetäubender Spaß, aber als wir nach der 90-minütigen Show die Arena im Untergrund von Shinjuku verlassen ist es, als entstiege ich einer dreidimensionalen Comicwelt, entworfen von einem Irren mit sehr viel Sinn für Humor.

Die lärmende, blinkende, vollkommen überdrehte Metropole erscheint mir nun wie eine Oase der Ruhe und der Gelassenheit. So einem apokalyptischen Feuergefecht beizuwohnen hat schon etwas sehr beruhigendes, im Nachhinein.